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Wird die Uni kaputtgespart?

Aus dem Rechenschaftsbericht von Rektor Prof. Dr. Volker Ronge. Umsetzung der Zielvereinbarung mit dem Wissenschaftsministerium – unter erschwerten Bedingungen

Die historisch erste Zielvereinbarung zwischen der Bergischen Universität und dem Wissenschaftsministerium, abgeschlossen 2002 mit einer zweijährigen, bis Ende 2004 laufenden Gültigkeit, bildete die Basis für die Rektoratsarbeit und die Universitätsentwicklung im Berichtsjahr (1.10.2003 – 30.9.2004). Die nachfolgende, ab 2005 geltende Zielvereinbarung – römisch II genannt – warf natürlich schon ihre Entwurfs- und Verhandlungsschatten in die Berichtsperiode zurück, insbesondere dadurch, dass zwischenzeitlich vom MWF eine Landeshochschulplanung entworfen wurde, mit der landesweit tief in die Universitätsentwicklung eingegriffen wird – und dabei in Wuppertal noch drastisch über die seinerzeit konsentierte Mediationskonzeption hinaus.

Im Berichtsjahr wurden die wesentlichen Projekte des Mediationskonsenses, die dann auch in die Zielvereinbarung eingegangen waren, umgesetzt – und dies "unter erschwerten Bedingungen". Insbesondere zwei davon verdienen der Erwähnung: Zum einen musste der universitäre Reform- und Entwicklungsprozess unter einer überproportionalen Zahl an Professur-Vakanzen ablaufen. Diese waren teils eine Folge des hausinternen Wiederbesetzungsmoratoriums während der Mediation; hinzu kam ein Besetzungsmoratorium seitens der Landesplanung in solchen Fächern, für die eine – oft drastische – Verminderung der (so genannten Norm-) Studienplätze und dementsprechend ein Abbau von Professuren vorgesehen wurde. (Dies betraf in Wuppertal die Chemie und Physik, den Maschinenbau, incl. der Drucktechnik, das Bauingenieurwesen und die Architektur – also eine erkleckliche Reihe von Fächern.) Durch die zur Abdeckung der Lehre zumeist vorgenommenen zeitweiligen Professur-Vertretungen konnten natürlich die motivationalen und fachlichen Reformpartizipationen und -effekte nicht so wie bei ordentlicher Stellenbesetzung erzeugt werden.

Die zweite erschwerende Randbedingung bildete die in 2004 vorgenommene Erhöhung der Wochenarbeitszeit der Beamten, die bei entsprechender - rein quantitativer - Umrechnung zur Absetzung von insgesamt zwölf Beamtenstellen, gestreckt über vier Jahre, führen sollte. (In diesem Zusammenhang wurden bekanntlich auch die Lehrdeputate für die Dozenten angehoben.)

Der Hauptfunktion einer Universität entsprechend werde ich auf die Entwicklungen in den Studiengängen und in der Forschung eingehen, hinsichtlich letzterer aber ohne "Tiefgang" zu den Orten und Personen, wo Forschung in der Hauptsache stattfindet:

Umstellung der Studiengänge auf das konsekutive Muster
des Bologna-Prozesses:

Die mit der Zielvereinbarung programmierte - und inzwischen in das neue, seit 1.1.2005 geltende Hochschulgesetz NRW aufgenommene - tendenziell flächendeckende Umstellung der Studiengänge auf das konsekutive Muster des Bologna-Prozesses wurde in der Berichtsperiode intensiv weiter voran getrieben. Herausragende Bedeutung hatte dabei die zum Wintersemester 2004/05 tatsächlich vorgenommene Installierung des neuentwickelten polyvalenten 2-Fach-Studiengangs Bachelor of Arts, der ein Pendant zum bereits ein Jahr zuvor begonnenen 2-Fach-Studiengang Bachelor of Science darstellt. Beide Studiengänge bilden, von ihrem - letztendlich den alten Magister Artium ablösenden - Eigenwert abgesehen, auch die Grundlage für die angepeilte Entstaatlichung der Lehrerausbildung (incl. ihres Prüfungswesens) an der Bergischen Universität, wie sie in der Zielvereinbarung aufgenommen, zugestanden, worden war.

Am nunmehr im Hinblick auf die Lehrerausbildung noch fehlenden Studiengang Master of Arts in Education, differenziert nach Schultypen, wurde im Berichtsjahr intensiv gearbeitet. Er ist inzwischen zur Akkreditierung eingereicht worden (welche in diesem Fall die Vorbedingung für die Studienaufnahme bildet). Dies ist der Studiengang, mit dem – anstelle eines Staatsexamens – zukünftig Lehrer ausgebildet werden sollen.

Ein Viertel der Ersteinschreiber zum Wintersemester 2004/05 hat sich in einen Bachelor- oder Master-Studiengang an unserer Universität immatrikuliert. Zugegebenermaßen liegen dabei die Immatrikulationszahlen für die beiden lehramtsoptionalen 2-Fach-Bachelor-Studiengänge noch relativ niedrig. Dies ist aber vornehmlich darauf zurückzuführen, dass das traditionelle Lehramtsstudium von uns noch eine Zeitlang parallel weitergeführt wird. Da vermeiden die meisten Studenten jedes Risiko und wählen das Konventionelle. Und dies nicht ganz ohne Recht, weil sich die Politik bei dieser Thematik nicht eben klar und eindeutig verhält.

Akkreditierung

In der Zielvereinbarung I (2002-2004) war der Bergischen Universität die besondere Vergünstigung gewährt worden, Studiengänge nach dem Bologna-Muster bereits dann einzurichten, wenn diese zur Akkreditierung vertraglich angemeldet (und somit praktisch "fertig") waren – und nicht erst nach erfolgter Akkreditierung. Davon haben wir im Rahmen der entsprechenden Genehmigungsdelegation so weit wie möglich Gebrauch gemacht. In der Folge-Zielvereinbarung, ab 2005, gibt es diese Vergünstigung nicht mehr; Studiengänge müssen dann vor Studienaufnahme akkreditiert sein. Einige Fächer bedauern nachträglich, diese Möglichkeit nicht genutzt zu haben.

Alle von uns bisher gestellten Akkreditierungsanträge sind erfolgreich ausgegangen, meistens allerdings – wie fast üblich – mit gewissen Auflagen.

Wir haben inzwischen breite empirische Erfahrung mit dem Akkreditierungsgeschäft gewonnen, und dabei auch mit diversen Akkreditierungsagenturen.

Interdisziplinäre Forschungszentren

Von den in der Mediationsdiskussion entwickelten Interdisziplinären Zentren der Forschung sind inzwischen - zielvereinbarungsgemäß - drei eingerichtet worden, rechtlich durch eigene Satzungen begründet: Das IZ (II) für Angewandte Informatik und Scientific Computing, das eine "infrastrukturelle Basis" im Parallelrechner ALiCEnext hat und auch einen speziellen Master-Studiengang einrichten soll; das IZ (III) für das Management technischer Prozesse und das IZ (IV) mit gegenüber der ursprünglichen Absicht ("Materialwissenschaften") etwas veränderter, spezifizierter Ausrichtung auf Polymertechnologie, was in der derzeitigen Forschungslandschaft als aussichtsreicher erscheint.

Drei weitere Institutsgründungen stehen noch aus; in allen Fällen ist aber erhebliche Vorarbeit bereits erfolgt: Das IZ (I) für Normative und historische Grundlagen von Technik und Wissenschaft ist durch Einrichtung zweier neuer Professuren und Berufung der Stelleninhaber bereits weitgehend vorgeprägt. Das Zentrum für Bildungsforschung und Lehrerbildung wurde durch die Besetzung der drei neuen bildungswissenschaftlichen Professuren ebenfalls weitestgehend aufgestellt. Beide Institute werden in 2005 formell installiert. Schließlich steht noch das Interdisziplinäre Zentrum für Gestaltungswissenschaften aus.

Studiengebühren und Studentenzahlen

Im Sommersemester 2004 wurden die Auswirkungen des Studienkonten- und –finanzierungsgesetzes des Landes an den Hochschulen spürbar, da nunmehr erstmalig die Studiengebühren für "Langzeitstudenten" und für ein Zweitstudium erhoben (und an die Landeskasse abgeführt) wurden. Erwartungsgemäß hat dies landesweit zu einer Exmatrikulationswelle von Immatrikulierten ohne ernsthafte Studienabsicht geführt. Um rund eineinhalb Tausend hat sich dadurch die Studentenzahl an der Bergischen Universität reduziert; eine genaue Kausalzurechnung (Absetzung gegenüber anders motivierten, sozusagen normalen Exmatrikulationen) ist statistisch nicht möglich.

Zur Zeit studieren an unserer Universität ca. 13.000 Studenten. Die Geschlechterrelation ist nunmehr fast ausgeglichen; der Anteil weiblicher Studenten ist in den letzten zehn Jahren von 37 auf 48 Prozent angewachsen und steigt weiter. Die Quote ausländischer Studenten liegt, unter Einschluss allerdings der sogenannten Bildungsinländer, bei knapp 16 Prozent (vor zehn Jahren noch gut 10 Prozent).

Die Kurve des Studentenzugangs weist in den letzten Jahren deutlich nach oben. In Jahreswerten gemessen, d.h. jeweils ein Winter- plus ein Sommersemester zusammengenommen, haben wir in 2004 einen Dekadenhöchststand mit 3.600 Fachanfängern erreicht. (Für mehrere, stark überlastete Fächer bzw. Studiengänge haben wir deshalb inzwischen eine Zulassungsbeschränkung beantragt.) Zehn Jahre zuvor waren es mehr als tausend Neuzugänge weniger. Der Dekadendurchschnitt liegt bei 2.900 Fachanfängern pro Jahr. Die Quote weiblicher Studenten lag beim Zugang in 2004 bereits über der 50%-Marke, nämlich bei 51,8%. Der Anteil ausländischer Studenten (incl. Bildungsinländer) erreichte in diesem Jahr den bisherigen Höchststand von 18,5 Prozent.

Professoren-Personalentwicklung

Befördert durch die Umstellung auf die W-Besoldung zum 1. Januar 2005 hat sich der mehrjährige „Berufungsstau“ inzwischen deutlich abgebaut. An die Stelle vieler Vertretungen sind wieder normale Fachvertreter getreten. In mehreren Bereichen hat sich so ein Generationswechsel vollzogen, mit dem man die Hoffnung verbinden kann, dass sich daraus bald wieder Ertragssteigerungen in der Drittmittelforschung und in der Nachwuchsqualifizierung sowie im Engagement für die Hochschule ergeben.

Regionale Verankerung

Im Berichtsjahr, genau am 15. Juli 2004, wurde als "Institut an der Bergischen Universität" in Solingen das "Bergische Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement gGmbH" gegründet, das seinerseits von einem Förderverein getragen wird. Die Bergische Universität ist Mitgesellschafter; sie konnte ihren Gesellschaftsanteil durch Unternehmensspenden aus Solingen aufbringen. Damit haben wir nun auch in Solingen eine „Adresse“, nachdem dies ein Jahr zuvor bereits durch Verleihung der Funktion als "An-Institut" an die Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe (FGW) in Remscheid erfolgt war.

Die Verankerung der Universität in Wuppertal, dem direkten Standort, wird 2005 durch ein Jahresprogramm "Wuppertal trifft Wissenschaft" befördert. Wir werden das ganze Jahr über mit thematisch profilierten Veranstaltungen in der Stadt "Präsenz zeigen" und damit unsere Standortbeziehung vertiefen.

Universität und Wirtschaft

Ende 2004 ist nach einer Laufzeit von sechs Jahren das bizeps-Projekt zu Ende gegangen, durch das die BU außergewöhnlich hohe Mittel des Bundesforschungsministeriums hat anziehen und dies in bundesweite Reputation hat ummünzen können. Die Funktion der unternehmerischen Gründermotivation und –qualifizierung sowie der Gründungsforschung wird zukünftig in veränderten Formen verstetigt, sowohl in der Universität - u.a. in Gestalt eines entsprechenden Instituts im Fachbereich B -, als auch - durch Aufrechterhaltung des entstandenen Netzwerks - im Verhältnis zur regionalen Wirtschaft. Die bizeps-Abschlussveranstaltung im Rahmen eines bergischen Unternehmertags im Oktober 2004 bildete eine sehr positive Demonstration der Rolle der Universität gegenüber "ihrer" Wirtschafts-Region.

Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Entscheidung unserer Bauingenieure für das Angebot eines so genannten Dualen Studiums für qualifizierte und interessierte Bewerber der Baubranche, bei dem die nicht-akademische duale Berufsausbildung mit einem Bachelor-Studium (des Bauingenieurwesens) verbunden wird. Dazu wurden Verträge mit regionalen Verbänden der Bauwirtschaft geschlossen.

Internationale Beziehungen

Aus der breiten Palette von Beziehungen zu, und Kooperationen mit, Hochschulen im – weltweiten – Ausland können hier nur wenige highlights angesprochen werden. Insbesondere der Studenten- und Dozentenaustausch innerhalb der EU – unter dem Sokrates/Erasmus-Programm – kann längst als "business as usual" betrachtet werden, ohne dass dies abwertend gemeint wäre – ganz im Gegenteil.

Von herausragender - auch politischer - Bedeutung ist die vom Bauingenieur-Kollegen Professor Pegels initiierte und mit großem Einsatz gepflegte "Iran-connection", die sich inzwischen auf mehrere Hochschulen insbesondere im Süden dieses Landes bezieht. Sie wurde durch DAAD-geförderte Sommerschulen in Wuppertal aufgebaut; die Bauingenieure planen eine systematische Verknüpfung zwischen Studienphasen in Wuppertal und den iranischen Partnerhochschulen und einen dual-degree bachelor.

Herauszustellen ist weiterhin unsere 2003 aufgenommene, erfolgreich betriebene "China-connection", die sich auf eine Provinz (Wuhan) konzentriert, dort jedoch mehrere große Hochschulen einbezieht. Mithilfe eines freiberuflichen Verbindungsbüros werden dort von uns besonders qualifizierte Studenten für ein Studium an der Bergischen Universität ausgewählt und anschließend in Wuppertal besonders intensiv betreut, um ihnen den Studienbeginn zu erleichtern. In Zukunft soll diese Auswahltechnik über Studienanfänger hinaus auch auf Master-Studenten ausgedehnt werden.

Als drittes Highlight unserer internationalen Beziehungen sei die Planung eines bei der DFG zu beantragenden internationalen Graduiertenkollegs zusammen mit der Bau-Universität in Rostow am Don (in Südrussland) angesprochen.

Der Blick nach vorn

Die Schatten der Zielvereinbarung II ragten, wie eingangs gesagt, in unsere Berichtsperiode zurück. Zum Zeitpunkt der Abgabe dieses Rektoratsberichts ist die neue, zweite Zielvereinbarungsperiode bereits angelaufen. In der neuen Zielvereinbarung ist, um den wichtigsten Punkt hervorzuheben, aus landesplanerischen Gründen für eine Reihe von Fächern die Zahl der Normstudienplätze – und dementsprechend die Zahl der Professuren – deutlich abgesenkt worden. Diesen Abbau haben wir umzusetzen.

Als Positiva im Kontext dieser restriktiven Entwicklung sind der trotz landesweiten Abbaus bei uns aufrechterhaltene Bachelor-Studiengang im Maschinenbau zu erwähnen sowie die Einrichtung eines Faches Biologie durch Umwidmung innerhalb der Chemie, wodurch vor allem typische Fächerkombinationspräferenzen von lehramtsorientierten Studenten (Chemie/Biologie) bedient werden können und sollen.

Als Fortschritt festzuhalten ist auch, dass die Genehmigung (und die Einstellung) von Studiengängen in Zukunft Sache der Hochschule ist und normalerweise keiner ministeriellen Genehmigung mehr bedarf – sofern sie im Rahmen der nach Fächern differenziert vorgegebenen Normstudienplätze bleibt und eine Akkreditierung erfolgt ist.

Von größter hochschulpolitischer Relevanz ist die noch nicht abschließend regulierte Verteilung der Ressourcen, insbesondere der Lehrressourcen, zwischen der Bachelor- und der Masterstudienphase. Im herzustellenden Kompromiss zwischen einem (Erst-) Studienplatzangebot für möglichst viele Studenten (gemäß Art. 12 GG), also der Vorhaltung von Bachelor-Studienplätzen (unter „erschöpfender Ressourcennutzung“), und dem genuinen universitären Eigen-Interesse an einem Master-Studiengang und an Master-Studenten in allen, zumindest in möglichst vielen, Fächern (die Formel des Bundesverfassungsgerichts dafür lautete: "unzulässige Niveaupflege") ist eine politische Lösung zu erwarten, die nicht jedermann in der Universität zufrieden stellen kann und wird und die eine unschöne inneruniversitäre Konkurrenzkonstellation provozieren wird.

Es ist in diesem Zusammenhang allerdings auseinander zuhalten das Interesse der Hochschulen bzw. der professoralen Fachvertreter von demjenigen der Studenten. Die Möglichkeit zur Fortsetzung eines Studiums in die Master-Phase wird in Zukunft mit Sicherheit nicht jedem Interessenten, sondern nur nach Qualifikation gegeben werden; und sie wird nicht immer an derselben Hochschule gegeben sein, an der das Bachelor-Studium absolviert wurde. Aber es ist nun einmal die – mit dem Bologna-Muster verbundene -politische Absicht, die Studienzeiten zu verkürzen; und dies geschieht durch das Bachelor- als das normale (erste), Berufsqualifizierende Studium. Das Bachelor-Studium ersetzt in der politischen Absicht das bisherige Diplom- bzw. Magister-Studium; das normale Erststudium soll zukünftig nicht etwa aus Bachelor- plus Master-Studium bestehen. Dann würden sich die durchschnittlichen Studienzeiten nämlich nicht verringern.

Dass das Bologna-Studienmuster sich für die Institution "Universität" auch als "akademische Enteignung" auswirken kann und in vielen Fällen auswirken wird, indem aus Ressourcengründen (und vermittelt über die Akkreditierung) eine Beschränkung auf das bloße Bachelor-Studium passiert und die Partizipation an einem Master- und später möglicherweise auch an einem Promotionsstudium genommen wird, ist klar – aber politisch so gewollt.

Die zitierte Schatten-Metapher gilt gleichermaßen für eine Reihe von gesetzlichen Randbedingungen, die zum 1. Januar 2005 wirksam geworden sind. Die Gesetzesnovellen wurden natürlich schon lange vorher diskutiert und annonciert – auch in unserer Universität. Die wichtigsten, für uns folgenreichen neuen Randbedingungen sind die folgenden:

  • Das novellierte Hochschulgesetz NRW, das die Juniorprofessur einführt, die Umstellung auf das Bologna-Studienmuster für 2007/08 festschreibt und das Berufungswesen weitgehend in die Hochschulen delegiert;
  • das neue Hochschullehrer-Besoldungssystem (W- statt C-Besoldung), das, vereinfacht, (für Neuberufungen) vom Alterszulagen- auf ein Leistungszulagensystem umstellt und die Leistungszulagenvergabe weitestgehend in die Verantwortung der Hochschulen stellt;
  • die Beteiligung der Hochschulen an der Studentenauswahl in zulassungsbeschränkten Studiengängen, die den Hochschulen eine höchst komplizierte, weil rechts-sensible Aufgabe stellt.

Alle diese – für Autonomiefetischisten möglicherweise begrüßenswerten – neuen Aufgaben in den Hochschulen werden ohne jegliche zusätzliche Ressourcen zu ihrer Bewältigung übertragen, im Gegenteil unter permanenter Personalreduktion.

Wertung und Dank

Der Rektor ist selbstverständlich nur ein Rädchen (oder meinetwegen auch Rad) im arbeitsteiligen Organisationsgetriebe der Universität. Weil es sich in der Universität um eine soziale Organisation handelt, ist Dank zu sagen. Ich möchte in meiner an alle Mitarbeiter adressierten Danksagung meine Rektoratskollegen und den Rektoratsstab besonders herausstellen. Sie spüren, ja erleiden alle in besonderer Weise das Ausmaß an Belastung, und dafür gebührt ihnen Dank.

Mir ist auch die Belastung der Dekane sehr wohl bewusst. Sie besteht nicht nur aus zusätzlicher Arbeit, sondern auch psychologisch darin, als Person die in diesen Zeiten ganz erheblichen Zumutungen der Amtsrolle aushalten zu müssen. Kein Dank kann das kompensieren, gleichwohl: Ich danke diesen Leitungskollegen für ihren Beitrag zur Entwicklung und zum Gedeihen unserer Universität. Sie mögen ein ihnen angemessenes Stück meines Dankes an verdiente Mitarbeiter weitergeben.

Wir bewegen uns seit bereits mehreren Jahren in einem Reformstrudel (oder ist Trubel das bessere Wort?), der an verschiedenen Stellen längst eigentlich untragbare Belastungen impliziert. Als politischer Soziologe sehe ich darin eine Begleiterscheinung einer Politisierung des Wissenschaftssystems und der Universitätsinstitutionen. Damit ist ein Transfer von "fremden" Interessen und Zeitmaßen verbunden, die der Wissenschaft und der Universität schaden. Ich persönlich sehe diesen evolutionären Prozess übrigens nicht als dauerhaft funktionsfähig an. Ich erwarte eine Art Implosion – aber das ist natürlich nichts als meine persönliche Meinung, in keiner Weise von mir etwa als „Sprachrohr“ von Politik und Staat geäußert.

Wir haben uns in der Universitätsleitung bemüht und mein subjektiver Eindruck ist: "Wir leben noch." Die Bergische Universität hat die turbulente Zeit von Expertenrat, Hochschulfusionspolitik (Duisburg-Essen), Stellenabgaben im "Innovationspakt", Schließung von Studiengängen, Mediationsauflage, landeshochschulplanerischer Kapazitäts- und Ressourcenreduktion usw. erfolgreich überstanden. In unserer Region – dem Standort Wuppertal, dem Bergischen Land, der regionalen Wirtschaft – haben wir uns so gut wie nie zuvor verankert. Und dies ist nicht etwa um den Preis unserer international-globalen Ausrichtung geschehen; im Gegenteil, auch in dieser Richtung haben wir gewonnen.

Meine jüngste "Rektor-Mitteilung", in der auf die dramatische Finanzentwicklung der Universität hingewiesen wurde, hat einiges Erschrecken in der Hochschule ausgelöst. Das war abzusehen. Beabsichtigt war, die Realität auch denjenigen zu vermitteln, die sie bislang ignoriert haben.

Mit der herrschenden Politik wird die Universität "kaputtgespart", wenn es ihr nicht gelingt, schnell deutliche Verbesserungen in den vorgegebenen Indikatoren, die politisch als Leistungs- und Erfolgskriterien genommen werden, zu erreichen. Eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Indikatoren und der Mittelbemessung nach ihnen findet heute keine Adresse mehr. Für mich gibt es außer Finanzindikatoren und Performance auch Hochschulidentitätsfragen. Und beim Abbau von Fächern stellen sich solche Fragen. Ich warne vor der Erwartung, dass schlechte Performance-Indikatoren dadurch besser werden, dass Teile der Gesamtinstitution abgeworfen werden. Die Lösung des Indikatoren- und damit des Finanzproblems erfordert primär anderes als große Organisationsreformen.

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